Stellungnahme des BBK München und Oberbayern zum Kunstturm Domagk

11.09.24


Der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler München und Oberbayern e.V. unterstützt die Initiative zum Bau eines Atelier Turms an der Domagkstraße. Der bereits geplante und beschlossene Riegel soll als Turm aufgestellt werden, damit der Atelierhof nicht abgeschlossen wird und das Atelierhaus sich weiterhin der Nachbarschaft öffnen kann.

In der Studie „Studio München“ wurde die Verfügbarkeit von Räumen für die Kunst mit bezahlbaren Mieten auf einer Skala von 1 bis 5 als am Wichtigsten beurteilt (4,78) und ihre Verfügbarkeit am schlechtesten (1,57). Zudem sind die Ateliers wichtigster Ort, um Kunst zu präsentieren und zu verkaufen, Künstler*innen brauchen diese Produktionsorte um Kunst überhaupt schaffen und zugänglich machen zu können.

Der Kunstturm an der Domagkstraße schafft somit dringend benötigten Raum für die Kunst und stärkt damit die Kunst- und Kultur in der Region München und darüber hinaus. Die Münchner Bevölkerung wird weiter wachsen und der Stadtraum bis an die Grenzen vorwiegend mit Wohnungen bebaut. Es entstehen nur wenige neue Ateliers und wenn dann verstreut im urbanen Raum. Die Gentrifizierung und Preissteigerungen der vorhandenen Atelierflächen sehen wir als eines der dringendsten Probleme der Zukunft für die Kunst- und Kulturstadt München. Ohne ausreichende und leistbare Produktionsorte für Kunst werden die Künstlerinnen und Künstler abwandern und in München eine schwer zu schließende Lücke in der Kunstszene hinterlassen, mit der die Kultur von morgen nur kümmerlich wachsen kann. Ebenso wird der einhergehende Imageverlust der Kunststadt über Jahrzehnte nicht mehr zu revidieren sein.

Auch wenn ein Neubau eventuell von der Nachhaltigkeit gegenüber einem Bestandsgebäude schlechter abschneidet, ist für uns jeder langfristig gesicherter Quadratmeter für die Kunst ein guter Quadratmeter. Zudem haben wir aus vielen Zwischennutzungen gelernt, dass in Umnutzungen die Türen meist zu klein, die Zulieferwege nicht für Produktion geeignet, die Belichtung und Raumgrößen einschränkend und sozial vernetzende Treffpunkte nicht mit entwickelt wurden. Das kann man bei so einem Projekt von vorneherein optimal planen!

Ein „Kunstquartier“ bietet beste Bedingungen für gutes künstlerisches Schaffen und den dafür unabdingbaren künstlerischen Austausch. Synergetische Zusammenschlüsse entstehen und ermöglichen einzigartige Entwicklungen. Die Wege werden kurz, die Möglichkeiten vielfältiger und
besser, das Kunstpublikum und die Besucher*innen interessierter und zahlreicher. Die Domagkateliers sind schon ein fester und etablierter Ort für Kunst, dem eine Erweiterung nur guttun kann. Daher begrüßen wir die Weiterentwicklung der Domagkateliers mit dem Kunstturm zu einem größeren städtischen Kreativquartier, das die entsprechende Strahlkraft über den Stadtteil hinaus entwickeln wird.

München kann nicht mehr in der Fläche wachsen. Durch die effiziente Nutzung des verfügbaren Grundes mit einem mehrstöckigen Haus kann wesentlich mehr Fläche als bislang geplant nutzbar gemacht werden.

Wir wünschen uns für die Zukunft ebenso weitere Künstler*innenhäuser in den Stadtvierteln, welche vor allem durch die Nutzung und Umwandlung von bestehenden oder kommenden Leerständen entstehen können. In den nächsten Jahren werden einige geeignete Immobilien zur Debatte gestellt, was ihre künftige Nutzung betrifft. Abreißen ist nicht nachhaltig, Umnutzen ist unserer Meinung ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Konzept. Wir denken hier an das Strafjustizzentrum in der Nymphenburgerstraße, die ehemalige Wagner Fabrik in der Schulstraße, die von der insolventen Euroboden abgestoßen wurde, sowie das BR-Hochhaus. An diesen Orten können verschiedene Personen und Einrichtungen aus Kunst, Kultur, Soziales und Kreativwirtschaft Platz finden. Wir sind uns sicher, dass Synergien, neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Innovationen in diesen Mikrokosmen entstehen können, die für die Stadtgesellschaft einen entscheidenden Beitrag zu einer kulturellen Entwicklung leisten werden.

Eine Vollfinanzierung für und aus der Kunstwelt würden wir der Variante mit Mischnutzung und Investor*innen vorziehen um wirklich diesen Raum langfristig für die Kunst absichern zu können. Wir tragen gerne bei zu der Entwicklung eines jurierten Vergabeschlüssels, der kurz-, mittel und auch langfristige Nutzungen ermöglicht.

Stellungnahme in der IMBILDE Ausgabe von Juli/August 2024